Wir tauschen uns gerne aus.

In der stratum lounge finden regelmäßig Lesungen, Diskussionsrunden, Netzwerktreffen und sonstige Veranstaltungen statt - zu Themen, die wir gerne mit Ihnen teilen möchten. Informieren Sie sich hier und kommen Sie uns besuchen!

Ein Archiv vergangener Lesungen finden Sie hier.



Nachhaltig führen heißt systemisch führen

Am 21.03.2024 um 19 Uhr in der stratum lounge

Wir leben in Zeiten, in denen sich Unternehmen und Führungskräfte nicht mehr nur auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Sie müssen sich auch auf eine immer unberechenbarere VUCA-Welt einstellen, die Work-Life-Balance-Ansprüche einer neuen Fachkräfte-Generation erfüllen und am Ende auch noch die gesellschaftliche Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise vollziehen. Wie verändern sich die Führungsaufgaben und eine erfolgreiche Führungspraxis unter diesen Voraussetzungen?

 

Timm Richter und Torsten Groth versuchen in ihrem Buch „Wirksam führen mit Systemtheorie“ konkrete und praxisrelevante Antworten auf diese Frage zu finden. Sie formulieren aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen als Führungskraft und in der Organisationsberatung Kernideen für das Grundverständnis von Führung, die vor dem Hintergrund der Luhmannschen Systemtheorie stehen. Aus dieser Perspektive räumen sie mit einigen häufig anzutreffenden Missverständnissen über Führung auf. U.a. lernen wir von ihnen, dass

  • die primäre Funktion von Führung allein das Überleben des Unternehmens ist und nicht das Erreichen immer höherer Ziele
  • nicht die Persönlichkeitseigenschaften von Führungskräften entscheidend sind, sondern deren konsequentes Rollenverhalten
  • so dass es auch nicht darauf ankommt, dass Führungskräfte „authentisch“ sind oder ganz in ihrer Rolle aufgehen
  • Hierarchie und Selbstorganisation in Unternehmen keine Gegensätze sind, sondern nebeneinander bestehen
  • „Change“ nicht immer und grundsätzlich positiv ist und auf der anderen Seite Organisationen nicht per se veränderungsresistent sind
  • die Macht von Führungskräften nur eine funktionale ist und die andere Seite immer auch Macht hat
  • auch noch so moralisch aufgeladene Unternehmensvisionen keine Lenkungswirkung haben.

Aus ihrem systemtheoretischen Verständnis heraus weisen Richter und Groth darauf hin, dass Wirtschaftsunternehmen nicht aus sich heraus „nachhaltig“ werden können. Nachhaltigkeit wird vielmehr über das Stakeholder-Umfeld in die Unternehmen induziert – und auch nur dann, wenn „gesellschaftliche Themen, vor allem das der Nachhaltigkeit, zur Überlebensfrage“ werden. „Geschieht dies“, so die Autoren, „dann nehmen Organisationen diese Aspekte recht leicht auf: Automobilkonzerne produzieren E-Autos, Investmentgesellschaften fördern Windparks, Wurstproduzenten setzen auf vegane Produkte…“.

 

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Nehmt es den Reichen! Ein Lastenausgleich 2.0 für die Energiewende

Am 26.03.2024 um 19 Uhr in der stratum lounge

Was haben der Wiederaufbau in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg, die erste Mondlandung und die Energiewende gemeinsam? Jørgen Randers und Till Kellerhoff erklären es uns:

  • Die nach heutiger Rechnung 164 Milliarden Dollar umfassende Kraftanstrengung des amerikanischen Mondexpeditionsprogramms zwischen 1960 und 1973 zeigt, „dass enorme kollektive Erfolge möglich sind, wenn sich die Gesellschaften einmal entschließen, zu handeln“. Warum passiert das nicht auch angesichts der Klima-Herausforderung?
  • Einen fairen Lastenausgleich forderte die Adenauer-Regierung 1949, um die Kriegsfolgeschäden gerecht zu verteilen. Das probate Mittel war „die Umverteilung von Vermögen im Wert von 42 Milliarden D‑Mark oder 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 1952“. Faktisch, so die beiden Autoren des Buches „Tax the Rich“, war diese Maßnahme „im Kern eine Reichensteuer, eingeführt von einer konservativen Regierung“.

Heute komme es „abermals auf einen fairen Lastenausgleich an, eine Übereinkunft, dass die finanziellen Bürden von jenen getragen werden sollen, die auch die Mittel dazu haben, damit wir unsere sozialpolitischen Errungenschaften nicht aufgeben und die Unterprivilegierten nicht unverhältnismäßig stark belasten müssen“. Die Herausforderung, um die es heute geht, ist die Energiewende und der nachhaltige Umbau unserer Wirtschaft. 

 

Randers und Kellerhoff sind überzeugt: "Von den acht Milliarden Menschen auf der Erde sind 800 Millionen, die oberen zehn Prozent, für fast die Hälfte der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung verursacht gerade einmal zwölf Prozent dieser Emissionen. Wie der Reichtum selbst konzentriert sich also auch die Verantwortung für die Klimakatastrophe massiv an der Spitze der Pyramide." Nur dass dieser Verantwortung an der Pyramidenspitze nicht Rechnung getragen wird.

 

In Deutschland befürworten 73 Prozent der Bevölkerung die Einführung einer Reichensteuer für Menschen mit einem Vermögen über einer Million Euro. Warum kommt sie nicht? Diskutieren Sie darüber mit Till Kellerhoff!

 

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Warum und wie die „Generation Anspruch“ die Arbeitswelt verändert

Am 04.04.2024 um 19 Uhr in der stratum lounge

Er gehört selbst der Generation der heute 30-Jährigen an, die Arbeitgebern und Recruitern Kopfzerbrechen machen, weil sie angeblich nicht mehr so belastbar, einsatzfreudig und karriereorientiert sind wie frühere Generationen. Der Journalist David Gutensohn beschreibt und analysiert in seinem Buch, was die Gründe dafür sind – und warum die Lebenseinstellung der „Generation Anspruch“ die Arbeitswelt grundlegend verändern wird. Gutensohn ist sicher: „Es wird nicht lange dauern, bis sich die Generation Anspruch durchsetzt und die Viertagewoche in ihren Betrieben und Berufen zum Standard macht.“

 

Was nicht bedeutet, dass diese Generation aus einem gesellschaftspolitischen Motiv heraus agiert. Vielmehr ist sie durch eine Mischung aus Wohlstandserfahrung und Zukunftsangst geprägt. Seine Altersgenossinnen und -genossen hätten in ihrer materiell abgesicherten Kindheit und Jugend sozusagen eine „eingebaute Burn-out-Sperre“ erworben, die sie unempfänglich macht gegenüber der auf (Arbeits-)Sucht basierenden Lebenseinstellung ihrer Eltern und Großeltern, stellt der Autor fest. Außerdem seien sie weniger autoritär erzogen worden und forderten deshalb auch von ihren Vorgesetzten im Beruf den Umgang auf Augenhöhe. Dass „Lehrjahre keine Herrenjahre“ seien, verfängt bei ihnen nicht mehr. 

 

Andererseits sei diese Generation jedoch davon überzeugt, dass es ihr materiell nicht besser gehen wird als ihrer Elterngeneration: „Meine Generation fragt sich schon lange, ob es sich lohnt, ein Leben lang viel zu arbeiten, um sich dann die Eigentumswohnung in der Stadt oder das Haus auf dem Land trotzdem nicht leisten zu können. Reichtum, Wohlstand und ein früher Ruhestand wirken für viele unerreichbar.“ Hinzu kommt eine ausgeprägte Krisenerfahrung – Euro- und Finanzkrise, Pandemie, Krieg in Europa und Klimawandel –, die für weitere Verunsicherung sorgt.

 

Vor diesem Hintergrund wächst die Überzeugung, dass materieller Wohlstand und Status gar nicht mehr erstrebenswert sind, sondern der Umwelt und dem Klima sogar schaden. Deshalb betrachtet David Gutensohn seine Generation sogar als „weltweite Bewegung junger Menschen, die anders über Arbeit und deren Folgen für unseren Planeten nachdenkt“.

 

Dass sie die Arbeitswelt tatsächlich verändern werden, traut der Autor seiner Generation deshalb zu, weil der Fachkräftemangel die Unternehmen zwingen wird, auf die Bedürfnisse der Generation Anspruch einzugehen. Außerdem würde die Nutzung der künstlichen Intelligenz künftig für eine radikale Rationalisierung von Arbeitsprozessen sorgen und eine Menge Jobs, die sonst von Menschen erledigt werden müssten, reduzieren. 

 

Am Ende leitet David Gutensohn „10 Gebote für eine bessere Arbeitswelt“ ab, die die Bedürfnisse seiner Generation mit dem gesellschaftlichen Fortschritt in Verbindung bringen. Diskutieren Sie mit ihm, ob und wie „Arbeit ist nicht alles – und das ist auch gut so“ unsere Welt besser machen kann!

 

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Schönheit und Recht – Wie wir der Natur eine Stimme geben und Nachhaltigkeit ernst nehmen

Am 18.04.2024 um 19 Uhr in der stratum lounge

Alle reden vom Klima – und meinen Energie. Wir verengen unseren Blick zunehmend, wenn es um die ökologische Seite der Nachhaltigkeit geht. Tom Veltmann versucht in seinem Buch „Das Schöne bewahren“, diesen Blick wieder zu weiten.

 

Beginnen wir bei der Energie. Veltmann stellt fest: „Nicht nur Energieträger, sondern jedes Produkt, jeder Gegenstand und alle Objekte, die Menschen herstellen, verursachen unterschiedlich starke Klima- und Naturschäden. Alle Produkte (alle menschengemachten Gegenstände) bestehen aus Naturmaterialien, die häufig mit Kollateralschäden in der Natur gefördert werden, in ihren Herstellungs- und Logistikprozessen wie auch in der Zeit ihrer Nutzung weitere Emissionen produzieren und am Ende ihrer häufig immer kürzeren Nutzungszeit weltweit immer noch viel zu häufig verbrannt werden oder als Abfälle in die Natur gelangen.“

 

Weiter zum Klima. Auch hier wird unser Blick enger, indem wir uns anscheinend damit abgefunden haben, dass es nur noch um die Abwehr der Schäden geht: „Vor circa zehn Jahren veränderte sich – von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – das Vokabular zum Thema Klima- und Erderwärmung. Bis dahin sprach man von »Klimaschutz«, das heißt, die Temperaturerhöhung sollte verhindert werden. Dann wurde schleichend von vielen Regierungen ein neuer Begriff eingeführt: »Klimafolgenbekämpfung«. Damit wurde die Klima- und Erderwärmung stillschweigend und von vielen unbemerkt akzeptiert. Der Begriff wurde normalisiert. Man konzentriert sich nunmehr auf den Umgang mit den scheinbar akzeptierten Klimafolgen – auf den Bau von Deichen, Staumauern, Flussauen, auf Flüchtlingshilfen, Subventionen für Landwirtschafts- und Forstschäden, Flutkatastrophenhilfen, Hitzeschutzmaßnahmen etc.

 

Und schließlich Nachhaltigkeit. Veltmann bemängelt, dass tatsächlich nur der ökonomische und der soziale Aspekt wirklich zum Zug kommen und die Natur nicht mit am Verhandlungstisch sitzt: „Der Begriff der »Nachhaltigkeit«, also des ökonomischen, sozialen und ökologischen Interessenausgleichs, löst weder die Probleme der katastrophalen Erderwärmung noch des wachsenden Flächenverbrauchs, des Artensterbens oder der Atommülllagerung für Millionen Jahre, denn das Nachhaltigkeitsprinzip hat in unserem Rechtssystem keine ausreichende ökologische Steuerungswirkung. Es beschränkt Entscheidungsfindungen bei unseren bisherigen grundgesetzlich konventionell geregelten Interessenkonflikten auf die Rechte des »Sozialen« und des »Wirtschaftens«, ohne »die Natur mit an den Verhandlungstisch zu lassen«.“

 

Deshalb fordert Veltmann am Ende seines Buches, die Natur innerhalb unseres Rechtssystems mit substanziellen Rechten auszustatten. „Damit würde die Natur dieselben Grundrechte erhalten wie ein Kapitalzusammenschluss, eine Aktiengesellschaft oder ein Verein…“

 

Sein Buch ist jedoch weder eine juristische noch eine akademische Abhandlung zur Nachhaltigkeit. Faszinierend ist es, wo der Autor uns z.B. die Mächtigkeit und Schönheit der Pilzgeflechte vor Augen führt, die den Boden ebenso wie die Körper toter und lebender Pflanzen, Tiere, Menschen und Sedimente durchziehen und einen riesigen Organismus bilden, der buchstäblich die Welt zusammenhält. Und uns vorrechnet, dass Pilze „das neue, bessere Plastik“ werden könnten. Oder der Boden zum Klimaretter: „Würde der Humusgehalt der landwirtschaftlich genutzten Flächen Deutschlands um nur 1 Prozent erhöht, würden der Atmosphäre 920 Millionen Tonnen CO₂ entzogen. Das entspricht dem jährlichen CO₂-Ausstoß Deutschlands“.

 

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Krise der liberalen Demokratie? Vorschlag für einen nachhaltigen Ausweg!

Am 25.04.2024 um 19 Uhr in der stratum lounge

Die Idee der liberalen Demokratie kommt derzeit von zwei Seiten unter Druck. Zum einen von rechtspopulistischen Propagandisten, die die Zukunft in einem „starken Staat“ sehen. Zum anderen von Klimaaktivisten mit ihrer Sehnsucht nach einer Politik, die sich an „der Wissenschaft“ orientiert. „Es schwindet das Vertrauen, dass die repräsentative Demokratie handlungsfähig genug ist, die dringenden ökologischen und sozialen Probleme anzupacken“, wie Dominik Vogt, Autor von „Der breite Staat“, feststellt.

 

In seinem Buch versucht er die konkrete Utopie eines „nachhaltigen Liberalismus“ auszuformulieren, die einen Ausweg aus dieser Problemlage darstellen könnte. Vogts Utopie basiert auf einer Kritik der gängigen neoliberalen Denkfigur vom „schlanken Staat“ und versucht, den Kern einer liberalen Demokratiekonzeption zu bewahren und zu stärken. Dieser Kern besteht in der Überzeugung, dass eine liberale Gesellschaft „dem Glück des Einzelnen und nicht der Gleichheit aller verpflichtet ist. Sie darf also nicht zwecks Gleichheit Reichtum umverteilen“. 

 

Dennoch kann die liberale Gesellschaft Eigentum und Einkommen teilweise entziehen (besteuern), um ein menschenwürdiges Leben aller zu sichern. „Für Freiheit braucht es eine fundamentale Schicht von Gleichheit, sonst verkommt Freiheit zum Privileg und zu einem Recht der Stärkeren“, stellt der Autor fest.

 

Das utopische Bild, das Dominik Vogt vom Funktionieren des breiten Staats zeichnet, begnügt sich freilich nicht mit solchen programmatischen Sätzen, sondern geht auf entscheidende Praktiken ein, die einer liberalen Demokratie breite Zustimmung und Nachhaltigkeit verschaffen könnten. Dazu gehört z.B. die Absage an eine Wirtschaftspolitik, die versucht, Arbeitsplätze zu erhalten. Denn das „wichtigste wirtschaftliche Gut ist nicht Arbeit, sondern materielle Versorgung.“ Arbeitsplätze als solche seien kein förderwürdiges Ziel und Arbeit dürfe vom Staat auch nicht als „essenzieller Teil eines würdigen Lebens“ und als individuelle Berechtigung auf einen Anteil am gesellschaftlichen Reichtum deklariert werden. 

 

Die Entkoppelung von Arbeit und materieller Versorgung führt zu einem Konzept des Grundeinkommens, das an die Wirtschaftsleistung einer Gesellschaft geknüpft ist, was bedeutet: „Die Motivation, für mehr Wohlstand zu arbeiten, dürfte mit sinkendem Grundeinkommen steigen, sodass sich letztlich ein ökonomisches Gleichgewicht bildet, wodurch die Wirtschaftsleistung einer Gesellschaft dem individuellen Bedarf an Wohlstand entspricht“. Dieser Bedarf und die Bedürfnisse der Menschen entscheiden als über die wirtschaftliche Entwicklung. Das bedeutet, dass wir uns auch von der Idee lösen müssten, dass Wohlstand untrennbar mit steigendem Wirtschaftswachstum verknüpft ist. Vogt stellt fest: „Eigentlich ist es irrwitzig, dass eine Gesellschaft nicht ihren Wohlstand betrachtet, sondern ausschließlich dessen Wachstum. Wachstum sollte es nur geben, wenn eine Gesellschaft Wachstum will, nicht weil sie Wachstum braucht. Wir verarmen ja nicht, wenn wir nicht wachsen.“ Wieso also schreckt es uns, wenn der IWF 2024 nur 0,5 Prozent Wachstum für Deutschland prognostiziert? 

 

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Krise, Katastrophe, Transformation – welcher Weg führt zur Nachhaltigkeit?

Am 08.05.2024 um 19 Uhr in der stratum lounge

Die Geschichte des zivilisatorischen Fortschritts wird begleitet von Krisen, Kriegen und Katastrophen. Seit Karl Marx ist uns dieses dialektische Prinzip als Normalzustand geläufig, wonach Wirtschaft und Gesellschaft durch krisenhafte Erschütterungen voranschreiten. Der Sozialforscher Jürgen P. Rinderspacher erkennt den Nutzen dieses Denkens darin, dass es dem Menschen dadurch möglich werde, „die Krise und darin die desaströsen individuellen Krisenerfahrungen als letztlich doch irgendwie noch sinnhaft zu verbuchen“. 

 

Im Zeitalter der Nachhaltigkeit versuchen wir indes, diese Dialektik zu überwinden und mit der Idee der großen Transformation ein ganz neuartiges Fortschrittsmuster zu etablieren. Im Unterschied zu den Umwälzungen und Revolutionen der Vergangenheit wird die nachhaltige Transformation nämlich nicht von einem positiven utopischen Ziel geleitet, sondern dient „der Abwehr eines drohenden Übels, im Fall des Klimawandels von einer wahrscheinlich bevorstehenden Menschheitskatastrophe“. Der Soziologe Andreas Reckwitz spricht in diesem Zusammenhang von einer „Politik des Negativen“.

 

Die Transformation soll einen nicht-katastrophalen, verlustarmen und gewaltfreien Weg in eine andere Lebensweise eröffnen. Das Transformations-Narrativ stößt allerdings, so Rinderspacher auf einige ihm selbst innewohnende Begrenzungen, weil es sich nicht auf die sinnliche Wahrnehmung eines dringend veränderungsbedürftigen Zustands der Welt stützen und auf eine emotional mobilisierende Perspektive einer besseren Welt berufen kann. Stattdessen erzeugt die Idee des großen Transformationsprozesses die Notwendigkeit der permanenten Alarmierung durch die Warnung vor kommenden Großereignissen. „Im Ergebnis“, so Rinderspacher, „entsteht das kollektive Gefühl einer neuen, umfassenden Bedrohung des – relativ – guten Lebens, wie wir es bisher kannten“. 

 

Vor dem Hintergrund des guten Lebens, das wir kaum mehr verbessern können, bleibt also als wesentliche Triebkraft der intendierten großen Veränderung nur die Angst vor dem Verlust, sprich: das große Katastrophenszenario. Und damit einher geht die Ersetzung der fehlenden positiven Verbesserungsidee durch die Beschwörung des immer größer werdenden Zeitdrucks. „Wie man in den öffentlichen Kontroversen dieser Tage sieht, drehen diese sich inzwischen weniger um das Problem, in welcher Weise Umbauprozesse der Sache nach gestaltet werden sollten, als darum, dass möglichst schnell gehandelt werden muss“, beobachtet Jürgen P. Rinderspacher.

 

Ist das Narrativ der großen Transformation also tatsächlich geeignet, in eine nachhaltigere Gesellschaft zu münden? Oder spiegelt es nur unseren guten Willen bei gleichzeitiger praktischer Hilflosigkeit wider, wenn wir z.B. Volksabstimmungen darüber abhalten, ob Berlin bereits bis 2030 statt 2045 klimaneutral werden soll…? Diskutieren Sie mit unserem Autor am 8. Mai! 

 

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Die Städte der Zukunft sind grün und blau - Warum wir mehr natürliche Klimalösungen brauchen

Am 15.05.2024 um 19 Uhr in der stratum lounge

Der Mainstream der Klimaforschung werde zu sehr von der Physik dominiert, befürchten die Autoren Ute Scheub und Stefan Schwarzer. Scheub ist Politologin und Journalistin, Schwarzer physischer Geograph und Permakultur-Designer. Zusammen haben sie jetzt ein Buch geschrieben, das einen Appell für mehr natürliche Klimalösungen enthält. Physikalisch-technische Lösungen für unser Klimaproblem greifen ihrer Meinung nach zu kurz. Das Klima werde in seiner Gesamtheit auch stark von Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen bestimmt. Hier sehen Scheub/Schwarzer eine Fülle von Ansatzpunkten, um den negativen Folgen des Klimawandels entgegenzutreten.

 

Als entscheidend betrachten sie dabei die Verlangsamung der Wasserkreisläufe und eine gigantische Anstrengung zur Wiederbegrünung und Wiederaufforstung gerade auch der städtischen und stadtnahen Zonen. Dies könne „die Erderwärmung abmildern oder gar stoppen und Städte und ganze Landschaften bodennah kühlen“. 

 

Lange Zeit habe man geglaubt, dass Wassermangel kein planetares Problem sein werde, da das Wasser ja nicht von der Erde und aus der Atmosphäre verschwinden könne. Die enorme Beschleunigung des Wasserkreislaufs führt heute aber dazu, dass ein Regentropfen in Los Angeles heute nur noch 10 Minuten braucht, um im Meer zu landen, „weil fast die gesamte Landschaft abgeholzt, trockengelegt und asphaltiert ist“. 

 

Entwaldung, Entwässerung, agroindustrielle Monokulturen, versiegelte Städte und betonierte Straßen seien Mitverursacher von Trockenheit und Fluten und sie „beseitigen gleichzeitig das Gegenmittel: fruchtbaren wasseraufnehmenden Boden.“ 

 

Was und wie viel man tatsächlich dagegen tun kann, beschrieben Ute Scheub und Stefan Schwarzer konkret und praktisch auf den 250 Seiten ihres Buches mit dem Titel „Aufbäumen gegen die Dürre“. Vor allem Stadtbewohner erhalten hier eine Fülle an Anregungen, um etwas für die Erhaltung ihres Lebensraums zu tun. „Die Städte der Zukunft sind grün und blau oder sie sind gar nicht mehr“, stellen die Autoren fest. Je eher wir mit natürlichen Klimalösungen beginnen, desto besser, denn: „Irgendwann wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben, als alles zu begrünen, was zu begrünen geht, denn jedes Zehntelgrad Abkühlung zählt.“ 

 

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Consumer Empowerment – das Psycho-Programm für Klimaschutz im Alltag

Am 29.05.2024 um 19 Uhr in der stratum lounge

Senkung der EEG-Umlage, Fördermaßnahmen für energieeffiziente Gebäude, THG-Prämie – das sind Maßnahmen, die Bürger/innen für den Klimaschutz gewinnen und klimafreundliche Konsumentscheidungen unterstützen sollen. Hinzukommen marktwirtschaftliche Hebel wie die CO2-Bepreisung oder staatliche Regulierungen wie ein Heizungsgesetz. Also Anreize und Vorschriften, man könnte auch sagen: Zuckerbrot und Peitsche.

 

Aber ist das ein wirksames Konzept, um Verbraucher/innen für den Klimaschutz zu gewinnen?

 

Der Wirtschaftswissenschaftler und Konsumforscher Ingo Balderjahn setzt mit seinem Buch „Lust auf Verzicht“ nicht auf äußere Zwänge und konditionierende Anreize, sondern auf persönliche Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit: „Menschen, die davon überzeugt sind, dass sie ein erfülltes und sinnvolles Leben führen, handeln selbstbestimmter und reagieren resilienter auf Krisen als andere.“

 

Diejenigen, die freiwillig auf verschwenderischen Konsum verzichten, erfahren, so der Autor, einen Zugewinn an Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und Lebensglück. Denn das Leben sei mehr als Konsum. Es entfalte sich immateriell in Träumen, Sehnsüchten und Zukunftsaussichten. Doch hier klaffe eine gesellschaftliche Wunde: Die 19 % der Deutschen, die jünger als 20 Jahre sind, müssten nahezu ohnmächtig und fassungslos zuschauen, wie gegen ihre Interessen und ihr Recht auf Zukunft zu wenig, zu unentschlossen und zu langsam gehandelt wird, um den globalen Klimawandel zu stoppen. Für die Jugendlichen sei heute Zukunft immer weniger greifbar, sie verschwimme und verdunkele sich. „Als Lebensantrieb fällt Zukunft immer mehr aus“, behauptet Balderjahn.

 

Die Gegenmaßnahme liege in einem systematischen Consumer Empowerment. Dies stärke die Fähigkeit zum selbstbestimmten Entscheiden und vermittle die Kompetenz zur Handlungskontrolle und zur Ausübung von Handlungsmacht. Konkret helfe es z.B.  „genügsamen Konsumenten dabei, sich gegen Verschwendung bei Herstellern und Händlern zu wehren“ und mache uns immun gegen „impulsives Kaufverhalten“.

 

Gewinnen wir so unsere Autonomie als Konsumentinnen und Konsumenten zurück und verschaffen uns einen Hebel für wirksamen Klimaschutz im Alltag? Diskutieren Sie darüber mit Ingo Balderjahn und seinen Gästen!

 

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Zwischen Rechtsruck und Öko-Kapitalismus:  Kommt unsere Welt an ihr Limit?

Am 05.06.2024 um 19 Uhr in der stratum lounge

Die lange übliche Einteilung in politische linke und rechte Positionen sei heute ebenso überholt wie das Schema, das zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden unterscheidet. Dieser heute oft vertretenen Auffassung von einer sich grundlegend verändernden und komplexer werdenden Welt setzen die beiden Politikwissenschaftler Ulrich Brand und Markus Wissen ein dezidiertes Fragezeichen entgegen. Brand/Wissen haben den Begriff der „imperialen Lebensweise“ in die Debatte eingeführt, um aus kapitalismuskritischer Sicht den Zusammenhang zwischen „zerstörerischen Natur- und gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen“ zu beleuchten.

 

Aus dieser Perspektive stellen sie fest, dass es sinnvoll sei, „an den Bezeichnungen ‚Norden‘ und ‚Süden‘ auch als territorialen Kategorien festzuhalten“. Denn an der Verschiebung der ökologischen und sozialen Kosten unseres anspruchsvollen Lebensstils in die Länder des globalen Südens habe sich auch in Zeiten des „European Green Deal“ und der öko-kapitalistischen Modernisierung nichts geändert. Die Autoren des neu erschienenen Buches „Kapitalismus am Limit“ stellen fest, dass die Energiewende „eine gigantische Materialschlacht“ sei. Die meisten der dafür benötigten Rohstoffe „befinden sich in den Ländern des globalen Südens und werden dort vor allem für den Export gefördert“. Zum Beispiel benötige ein Elektroauto „für Kabel, E-Motor und Lithium-Ionen-Batterie durchschnittlich vier Mal so viel Kupfer wie ein mit Verbrennungsmotor betriebenes Fahrzeug“. Und die Autoindustrie sei weit davon entfernt, deswegen kleinere und leichtere E-Autos zu konzipieren, im Gegenteil. Die grün-kapitalistische Modernisierung löse also den Grundkonflikt um eine ökologisch und sozial ausbeuterische Spaltung der Welt keinesfalls.

 

Der derzeitige Aufstieg der rechtsautoritären Kräfte und Parteien und das Entstehen von „links-konservativen“ Akteuren sei ein weiterer ungeeigneter Versuch, die Systemkrise zu überwinden. Brand/Wissen sehen darin jedoch keine Auflösung der politischen Rechts-Links-Kategorisierung. Sie betonen vielmehr: „Bei allen Unterschieden verstehen wir die autoritären Tendenzen als ein Symptom für die Grenze, an die die liberale Demokratie geraten ist.“ Im Grunde stünden wir vor drei Lösungsversuchen der aktuellen gesellschaftlichen Krisendynamik – einer autoritären Stabilisierung, einer öko-kapitalistischen Modernisierung und einer „solidarischen Überwindung der imperialen Lebensweise“. Letztere ist der Weg, den Brand/Wissen als die einzig nachhaltige Alternative betrachten.

 

In ihrem neuen Buch skizzieren sie, wie sie sich den von ihnen favorisierten „ökologischen Wohlfahrtsstaat“ vorstellen. In diesem utopischen Setting werde sich die staatliche Struktur an sich verändern, weil die staatliche Bürokratie mit ihrem „strukturellen Konservativismus“ als Machtfaktor abgeschafft werde. Die Bürger/innen werden eine „solidarische Selbstbegrenzung“ ihres Lebensstils praktizieren. Die Autoindustrie würde zurückgebaut werden und die Bodenvergabe demokratisch kontrolliert. In „transformativen Zellen“ soll diese umwälzende Veränderung der Gesellschaft vorbereitet und erprobt werden, die letztlich auch die Menschen selbst mit ihren „Subjektivitäten, Bedürfnissen, Wünschen und Affekten“ verändern werde.

 

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Nachhaltig verändern: Was Organisations-Hacker*innen machen

Am 19.06.2024 um 19 Uhr in der stratum lounge

„Wer glaubt wirklich noch daran, dass der große Befreiungsschlag des Bildungssystems von der Kultusministerkonferenz ausgehen wird? Wer glaubt daran, dass die Wohn-, Ernährungs- oder Mobilitätswenden auf dem Dienstweg vorankommen? Wir nicht!“ Mit Verve vertreten die Autoren und Autorinnen des Buches „Organisationen Hacken“ die These, „dass die jetzt notwendigen Transformationen von Wirtschaft und Gesellschaft im Korsett aktueller Konventionen nicht rechtzeitig gelingen werden“

 

Und sie setzen deshalb etwas dagegen: Institutional Hacking. Hacks sind „sind kleine Tricks zur Problemlösung. Manchmal subversiv, immer jedoch kreativ und unkonventionell. Sie sind zielführend, arbeiten mit dem, was da ist, und zeigen idealerweise rasch Ergebnisse“, schreiben die Herausgeber Lars Hochmann und Sebastian Möller. Angesichts der Tatsache, dass wir global bereits sechs der neun planetaren Belastungsgrenzen überschritten haben, sind sie überzeugt: „Wir haben keine Zeit mehr, auf die langsame Entwicklung von Organisationen zu warten. Der Marsch durch die Institution ist keine erfolgversprechende Option mehr.“

 

Auf 400 Seiten versammeln sie Anleitungen, um schneller voranzukommen. Dabei unterscheiden sie zwischen Hacks, die Unternehmen und Organisationen 

  • von innen verändern
  • neu erfinden
  • durch ihr Umfeld (Stakeholder, Netzwerke, Verbände etc.) beeinflussen.

In der inneren Organisation geht es dabei u.a. um das Aufbrechen dysfunktionaler Meetingformate, das Forcieren von Selbstorganisation und den Abbau schädlicher Einstellungen bei Führungskräften. Anhand von Praxis-Beispielen wie dem alternativen Supermarkt SuperCoop, einem Handwerksbetrieb mit Viertage-Woche und flexibler Arbeitszeitregelung oder your.company, einem Unternehmen im Verantwortungseigentum, illustrieren Hochmann/Möller, wie unternehmerisches Handeln nachhaltiger aufgestellt werden kann. Und im Bereich der organisationalen Umwelt zeigen sie u.a. am Beispiel eines Netzwerks der Regionalentwicklung, was man anders machen kann. Eine Akteurin berichtet: „Wir fördern keine Regionalentwicklungsprojekte, sondern Menschen, die Regionalentwicklung machen, auch wenn es manchmal »nur« Dorfentwicklung ist. Projektförderungen gehen wieder vorbei. Starke Menschen bleiben und stellen sich immer wieder neuen Herausforderungen.“

 

Als Fazit bekommen wir schließlich elf Merkmale angeboten, die Organisationshacken als „rebellische Form der Organisationsgestaltung“ charakterisieren.

 

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Die Stadt der Zukunft ist – Garten und Landschaft. Wie eine neue Sichtweise die Realität verändern könnte

Am 26.06.2024 um 19 Uhr in der stratum lounge

Ein psychologisches Motivationskonzept unterscheidet drei Basismotive: Das „Balance“-Motiv sagt „Ich will keine Veränderung“. Das „Dominanz“-Motiv: „Ich will die Welt nach meiner Idee verändern“. Und das „Stimulanz“-Motiv lässt sich auf den Punkt bringen mit: „Ich bin die Veränderung“.

 

Andree Weißert dürfte von letzterem Motiv geleitet worden sein, als er sein Buch „Ich bin die Stadt, das Klima und die Transformation“ geschrieben hat. Der gelernte Zimmerer, Architekt und selbstständige Gestalter will weder nach Schuldigen für den schlechten Zustand der Welt suchen noch hat er eine Theorie, die diesen Zustand erklärt und die Zukunft voraussagt. „Das Einzige, was ich reell gestalten kann, ist die Gegenwart“, stellt er fest. Den allgegenwärtigen Krisenmodus, in dem wir uns zu befinden scheinen, deutet er sehr persönlich und als psychologisches Problem: „Wir befinden uns in einer Beziehungskrise“, sagt er. Und meint damit ganz konkret seine eigene Beziehung zu dieser an sich ja komfortablen Realität, in der er lebt – und mit der er hadert. Denn natürlich erkennt er den zerstörerischen Charakter seiner bisherigen Lebensweise als „bekennendem Egoisten, Selbstverwirklicher, Einzelunternehmer und Hedonisten“ und gibt zu, dass seine Sorge um die Erde auch eine ganz persönliche „Sorge um mich“ ist. 

 

Und so ist es schließlich ein Akt der Selbstfürsorge, wenn der Autor aus dem Modus eines pessimistischen Krisendenkens herauswill und zu einem „radikalen Optimismus“ findet. Er verordnet sich damit einen „Positionswechsel, eine andere Blickrichtung, die Veränderung auslösen“ können. Denn er ist sicher: „Wenn ich meinen Standpunkt verändere, verändert sich die Welt. Die Welt ist und wird, wie ich bin und werde.“

 

Als Architekt konzentriert Weißert seinen radikal veränderten Blick dann vor allem auf die Stadt. Denn die „Städte, so wie wir sie kennen, werden verschwinden“, prophezeit er. „Aus ihnen heraus entsteht eine Landschaft, die dem Menschsein eine räumliche Entfaltung ermöglicht. Es werden nicht die Häuser und Straßen verschwinden. Was verschwinden wird, ist die Vorstellung, dass die Stadt ein Gefüge aus isolierten (Raum-)Zellen und Körpern ist. Dafür müssen keine Mauern eingerissen werden, ich muss nur meine Sehgewohnheit ändern.“ 

 

Und so sieht Andree Weißert vor seinem inneren Auge eine Stadt der Zukunft, die phasenweise auf jeden Neubau verzichtet, radikal entsiegelt wird, einen enormen Zuwachs an tierischem Leben erfährt, das in ihr anfallende Biomaterial im städtischen Stoffkreislauf hält, Humus aufbaut und die Luftqualität von Kurorten erreicht. Hinter solchen Visionen stehen natürlich auch gravierende Veränderungen im sozialen Zusammenleben der Menschen, die u.a. dazu beitragen, dass sich das Stadt-Umland-Verhältnis verbessert und entspannt. Die Stadt der Zukunft, wie Weißert sie uns vorführt, wird zu einem „erweiterten Naturraum“, der sich nahtlos mit dem ländlichen Raum verbindet. „Während heute viele Pendelbewegungen von den Rändern in das Zentrum gehen, könnten in Zukunft viele Bewohner:innen des Stadtrandes auf sehr kurzem Weg in angrenzende Landschaftsräume zur Arbeit fahren“, visioniert Andree Weißert. 

 

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20:80 – Klimaschutz nach dem Möglichkeits-Prinzip

Am 11.09.2024 um 19 Uhr in der stratum lounge

Immer wieder beklagen wir den „Knowing-Doing-Gap“, also den deutlichen Unterschied zwischen Wissen und Handeln, gerade auch wenn es um umweltfreundliches, klimaschützendes und nachhaltiges Verhalten geht. Auch die Autoren des Buches „Klimakurve kriegen“ haben sich von mit diesem scheinbaren Paradox befasst und sie schlagen uns einen Ausweg vor. Peter Blenke und Christian Reisinger vermuten, dass das Lähmende am „Knowing-Doing-Gap“ die Tatsache ist, dass wir das Ganze aus dem „Problemblickwinkel“ angehen anstatt aus einer „Möglichkeitsperspektive“. 

 

Als Praktiker der Unternehmensführung sind sie zudem Anhänger des Paretoprinzips. Dieses Prinzip besagt, „dass wir mit 20 Prozent des Aufwands bereits 80 Prozent eines Ziels erreichen können. Und das, so Blenke/Reisinger, gelte „auch für das Thema Klimaneutralität: Wenn jede und jeder Einzelne nur jeweils 20 Prozent Aufwand investieren würde, wären bereits 80 Prozent der Strecke zum Ziel geschafft“.

 

In ihrem mit zahlreichen anschaulichen Infografiken bebilderten Buch handeln Sie diese prinzipielle Sicht auf das Klimaproblem, pardon auf die Klimamöglichkeiten in den fünf Sektoren ab, an denen sich auch das deutsche Klimaschutzgesetz orientiert - Energie, Industrie, Gebäude, Verkehr sowie Ernährung und Landwirtschaft. Als zusätzliches Handlungsfeld betrachten die Autoren die Potenziale natürlicher und technischer CO2-Senken.

 

Blenke und Reisinger appellieren mit ihren zahlreichen pragmatischen Vorschlägen aus der Möglichkeitsperspektive sowohl an die staatliche Seite als auch an die Unternehmen und die privaten Haushalte. Dabei haben sie zwar Verständnis dafür, dass sowohl Unternehmen als auch die Privathaushalte oft suboptimale rechtliche und regulatorische Rahmenbedingen vorfinden. Dies könne aber „keine Entschuldigung dafür sein, dass Unternehmen nicht auch ohne den Staat bereits viel tun könnten – und davon oftmals auch langfristig profitieren würden“. Und auch die „Privatpersonen müssen nicht auf die idealen Rahmenbedingungen warten. Schon jetzt können sie einen Beitrag zum Klimaschutz im Energiesektor leisten, selbst erneuerbare Energie erzeugen und den eigenen Energieverbrauch senken“. 

 

Im privaten Bereich sei z.B. eine der „effektivsten Maßnahmen, konventionelle Thermostate ganz einfach durch intelligente Heizungsthermostate zu ersetzen. Das kann zehn bis 20 Prozent Heizkosten sparen und stellt eine der wenigen Maßnahmen dar, die auch für Mieter umsetzbar sind“. Auf dem Verkehrssektor plädieren die Autoren für ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen als kostenfreier und hoch effektiver Maßnahme, um 2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr einzusparen. In der Landwirtschaft habe man zwar einen großen Teil des sektoralen CO2-Einsparziels schon erreicht, stehe aber vor der Herausforderung, eine weitere Überlastung und Verschlechterung der Böden zu verhindern, die auch eine wichtige natürliche CO2-Senke darstellen.

 

Der positive Blick, den das Buch „Klimakurve kriegen“ beibehält, liegt zu einem wesentlichen Teil auch darin begründet, dass die Autoren das Zusammenwirken zahlreicher Einzelvorschläge im Blick behalten und darauf pochen, dass unterschiedliche Maßnahmenfelder auch besser aufeinander abgestimmt werden und neue verlässliche Infrastrukturen aufgebaut werden könnten. Und da wo es nötig ist, benennen sie auch klare (politische) Defizite, beispielsweise bei der Höhe des CO2-Preises. Der müsste wesentlich höher liegen, um eine echte Steuerungswirkung zu erzielen. Blenke/Reisinger stellen fest: „Ein Liter Diesel müsste somit aus rein ökonomischer Perspektive zwischen 0,63 Euro und 2,14 Euro teurer sein als aktuell, um tatsächlich die externen Kosten im Preis zu berücksichtigen.“

 

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Mehr soziale Innovation, bitte! Social Enterprises braucht das Land…

Am 15.10.2024 um 19 Uhr in der stratum lounge

Der globale Wohlstand steigt. Trotz aller regionalen Krisen und Rückschläge pushen technische Innovationen und billige Energie die ökonomische Entwicklung weltweit. Daraus den Schluss zu ziehen, dass der technische Fortschritt allein die Welt zu einem besseren Ort macht, sei jedoch ein Irrtum – stellen Michael Wunsch und Birgit Heilig in ihrem Buch über soziale Innovation fest. 

 

Im Gegenteil – sogar das, was wir als Fortschritt im Zeichen der Nachhaltigkeit ansehen, z.B. die E-Mobilität führe nur zu einer Problemverschiebung und zu weiterer Überlastung von Ressourcen (ökologischen wie sozialen): „Die alternativen Elektroautos lösen das Emissionsproblem und teilweise die Abhängigkeit von Erdöl, aber die in den Akkus enthaltenen Metalle, insbesondere Lithium, können nur unter Belastung der Umwelt abgebaut werden (von den teils menschenunwürdigen Bedingungen ganz zu schweigen).“ Und auch „Straßen und der öffentliche Raum werden kein bisschen entlastet, wenn statt eines Verbrennerautos nun ein E-Auto den gleichen Platz einnimmt“. 

 

Deshalb plädieren die Autoren dafür, mehr Augenmerk auf soziale Innovationen zu legen und die Chance zu nutzen, sie gezielt voranzutreiben. Tatsächlich steigt die Aufmerksamkeit für dieses Thema, seit soziale Problemlösungen immer häufiger von Social Entrepreneurs entwickelt und umgesetzt werden – also von Menschen, die innovative Ansätze zur Überwindung gesellschaftlicher Probleme mit unternehmerischem Denken angehen, anstatt dieses Terrain staatlichem oder ehrenamtlichem Engagement allein zu überlassen. 

 

Michael Wunsch und Birgit Heilig stellen uns die Aktionsfelder und Arbeitsprinzipien von Social Entrepreneurships vor und berichten, wie dieser Handlungsansatz auch zunehmend in konventionelle Unternehmen und sogar in die öffentliche Verwaltung vordringt

 

An konkreten Beispielen wie dem Wuppertaler Sozialunternehmen „Apeiros“, das ein digitales Früherkennungskonzept für potenzielle Schulverweigerer und ein darauf aufbauendes Förderungssystem entwickelt hat, rechnen die Autoren vor, dass solche Lösungen die staatlichen Sozialsysteme finanziell spürbar entlasten könnten. Das Problem dabei ist: „All diese wirtschaftlichen Vorteile werden allerdings bisher kaum genutzt. Die Unterstützung von Sozialen Innovationen und Social Enterprises in Deutschland steckt noch immer in den Kinderschuhen“. Mit ihrem Buch und dem Engagement im Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND) möchten Michael Wunsch und Birgit Heilig dazu beitragen, dass sich das in Zukunft ändert.

 

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